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Kreis – Viereck – Stern Oder wie Designer effiziente Prozesse für ihre Teams planen

Die OFFF ist nach zwei Jahren Pause zurück

Es ist eines der angesehensten internationalen Festivals, das sich auf die globale Entwicklung von visuellem Design und Innovation konzentriert. Thorsten Brück, Brand Strategist der Kölner Digitalagentur dotfly war dieses Jahr in Tel Aviv vor Ort und stellt hier den Ansatz von Triggers vor, die einen „bildschönen“ Ansatz der „Co-creation Patterns“ fürs Prozessmanagement gefunden haben.

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Event Diary

Check-In 8.30 Uhr, am Eingang vor dem „Muzeon Tel Aviv La-Ommanut“, dem weltbekannten Kunstmuseum der israelischen Metropole, ist noch nicht viel los. Kein Wunder: Für die meisten Agentur-Arbeitenden ist diese Zeit wohl eher früh. Für Tel Aviv viel zu früh.

Erst eine halbe Stunde später sammeln sich kleine, verschlafene Häufchen mit dampfenden Kaffeebechern im Wartebereich zu unserem heutigen Workshop. Viele erwartungsvoll, einige eher skeptisch. Über Prozesse und Prozessentwicklung zu sprechender gar zu lernen, löst ja selten pure Begeisterung aus.

Alejandro „Ale“ Masferrer, unser Workshop-Leiter, ist Designer, war digitaler Nomade – und ist heute Gründer des Unternehmens Triggers. Er tritt in diesem Workshop an, um uns seinen Weg zu zeigen, wie Produkt-Design-Teams effizienter zusammenarbeiten. „Wie organisiert Ihr eigentlich die Arbeit in euren Teams?“, damit beginnen um 9.15 Uhr unsere vier Stunden im Workshop in einem eher weniger kunstvollen Kellerraum des Museums.

Innerhalb von zwei Minuten füllt sich der Raum mit den üblich-verdächtigen Buzzwords und Klassikern der Methodenlehre: Jira, Trello, agiles Arbeiten, Design Thinking, Meetings und dergleichen. Völlig zufriedenstellend sind diese Ansätze für unser aller Projekte bisher nicht gewesen. So weit so verwirrend.

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Eine gemeinsame Sprache

Warum das so ist, das kann niemand von uns wirklich beantworten. Genau diese Frage beschäftigte allerdings auch Ale während seiner vielen Arbeitsjahre mit wechselnden Teams: Wenn wir uns vom Individuum zum Kollektiv entwickeln, wird der Designprozess zu einem abstrakten Konzept, das Unsicherheit und Verwirrung hervorruft. Das ist normal, denn es ist unmöglich, zusammenzuarbeiten, wenn wir nicht denselben Prozess im Kopf haben. Aber wie finden kreative Teams schnell und einfach Arbeitsprozesse, die funktionieren? Seine Idee: eine gemeinsame Sprache erschaffen. Eine Sprache, die so einfach ist, dass sie ohne Spezialwissen auskommt. Genau diese Sprache sollen wir jetzt lernen.

Co-creation patterns

Seine Methodik nennen Ale und seine Kolleg*innen schlicht „Co-creation patterns“; Dafür unterteilt er die Zusammenarbeit („co-creation“) in fünf allgemein gültige Phasen: Verstehen, Definieren, Ideen finden, Filtern, Aktivieren. Nun ist Ale ja Designer und ersetzt die mehrdeutigen Bezeichnungen der Phasen schlicht durch Symbole:

Der Kreis — Verstehen

Das Quadrat — Definieren

Das offene Dreieck — Ideen finden

Das geschlossene Dreieck — Filtern

Der Stern — Aktivieren

Co Creation Patterns
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Von der Theorie in die Praxis

Wenn Sie gerade fragend auf den Bildschirm schauen, geht es Ihnen genauso wie uns. Aber bleiben Sie dran – es wird anschaulicher. Denn hinter jedem Symbol steckt eben mehr als eine Phase in einem Projekt. Statt Personen, Rollen und Verantwortlichkeiten zu planen, denkt Ales Methodik in Mindsets, sprich in mentalen Einstellungen, die Personen aufgrund ihrer Rollen oder auch einfach nur in Momenten eines Projektes mitbringen.

Deshalb dürfen wir nach einer ausführlichen Kaffee-Pause und ein bisschen Sonnenschein im Garten des Museums unsere neue Theorie direkt in die Praxis umsetzen. Was zum Beispiel brauchen viele Menschen zum Start einer Produktentwicklung? Wir würden vielleicht Briefing sagen. Ein Briefing ist aber bereits eine Methode. Ale sagt:„Den Kreis“. Der Kreis fördert Themen oder bringt Fragen hervor – und produziert Klarheit, Wissen und Verständnis; sinnbildlich:“Round things up; circle back”. Die Methode oder das Format sind erst einmal egal. Wichtig ist: ein gemeinsames Verständnis über ein Mindset.

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Klarheit verschaffen

Das, so die Theorie, schafft gleich zu Beginn des Projekts Klarheit über den Prozess und vermeidet Reibungsverluste à la „Ich würde gern erst einmal über Ziele sprechen“, wenn es noch ums Abholen aller geht. Oder: „Wir könnten eine Landingpage mit einem Quiz entwickeln“, wenn Ideen noch gar nicht gefragt sind.

Nun kennen wir die „Pattern“, aber weil Übung manchmal Meister:innen macht, dürfen wir unser neues Wissen direkt in mehreren Übungen testen. Die erste Aufgabe: Wie könnte ein klassischer Design-Sprint mit dieser Methodik aussehen? Vier Teams und drei verschiedene Ergebnisse später hatten wir zumindest verstanden, dass es kein Richtig und Falsch gibt. Denn Teams planen Prozesse auf Basis ihrer Erfahrung. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass meine kleine Gruppe die Aufgabe so löste: Erst einmal alle auf einen Stand bringen, dann Ziele für den Sprint definieren, Ideen/Ansätze produzieren, die passenden Ideen auswählen und ein kurzes Review am Schluss. Andere Teams packten noch ein Quadrat an die vorletzte Stelle. Immerhin müssen die Ergebnisse ja auch noch für Kund:innen aufbereitet und in Form gebracht werden.

Mit nachlassendem Koffein-Spiegel nähern wir uns dem Ende des Workshops. Die spannenden zwei Fragen mit Aufstellung zum Abschluss des Workshops:

  • Welches Mindset passt am besten zu unserer Rolle im Team?
  • Und welchem Mindset würden wir uns spontan ganz persönlich zuordnen?

Versuchen Sie es mal. Möglicherweise werden Sie feststellen, weshalb Ihnen manche Aufgaben leichter und andere schwerer fallen – und manche Jobs uns auch nicht nur Freude machen oder besonders anstrengend sind.

Was hat es gebracht?

Sicherlich sind die „Co-creation patterns“ nicht revolutionär. Müssen sie aber auch gar nicht sein. Es ist eine zuverlässige, aber unkomplizierte Methodik, die alle Team-Mitglieder in Einklang bringt. Sie schafft außerdem etwas, das auch für unsere Teams bisweilen schwierig ist: Die Patterns helfen, Reibungspunkte sichtbar zu machen und zu beseitigen. Das schaffen Sie durch eine gemeinsame Sprache und einen klaren mentalen Fokus: Erst geht es um Wissen sammeln, Austausch. Erst dann um Struktur und das Ausdünnen von Ideen.

Wenn wir alle wissen, welches Mindset gerade erwartet wird, reduzieren wir Störgefühle und helfen Menschen im Prozess. Simple as that!

Quellen

Fotos von © Chris Milne, 2022